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Numismatik Lanz München > Auction 106Auction date: 27 November 2001
Lot number: 272

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RöMISCHE MüNZEN

KAISERREICH

AGRIPPINA MINOR († 59)

No.: 272

Schätzpreis-Estimation: DM 90 000,-
Sesterz, ca. 50 - 54, ungesicherte Münzstätte in Thrakien (Philippopolis?). AGRIPPINA · AVG · GERMANICI · F · CAESARIS · AVG. Drapierte Büste der Agrippina minor mit seitlich herabfallenden Locken und auf den Nacken herabhängendem Zopf rechts. Rs: Zwei Maultiere ziehen ein Carpentum, dessen halbrundes Dach von vier Figuren (von denen drei sichtbar sind) getragen wird und dessen Seitenwände mit Figurenschmuck und Ornamenten verziert sind, im Schritt nach links. RIC 103. C. -. BMC - (vgl. S. 195 Anm.*). CBN -. H.-M. von Kaenel, Britannicus, Agrippina Minor und Nero in Thrakien, SNR 63 (1984), S. 141 Typus A und Taf. 24, 30 (Vs. stempelgleich). 30,81 g.

äußerst selten, ausgezeichnetes Portrait.

Herrliche, dunkelgrüne Patina, vorzüglich.
Iulia Agrippina wurde am 6. November 15 oder 16 n. Chr. als Tochter des Germanicus und der Agrippina maior in Oppidum Ubiorum geboren, das später zu ihren Ehren in Colonia Agrippinensis (heute Köln) umbenannt wurde. Sie ehelichte 28 n. Chr. Cn. Domitius Ahenobarbus, Konsul des Jahres 32 n. Chr., dem sie am 15. Dezember 37 n. Chr. L. Domitius Ahenobarbus, den späteren Kaiser Nero, gebar. Angeblich an einer Verschwörung gegen ihren Bruder Caligula beteiligt, wurde sie von diesem 39 n. Chr. auf die pontischen Inseln verbannt, jedoch zwei Jahre später von ihrem zum Kaiser ausgerufenen Onkel Claudius zurückgeholt, der sie nach dem Tod ihres zweiten Gatten C. Passienus Crispus und dem Untergang der Messalina 49 n. Chr. heiratete. Im darauffolgenden Jahr zur Augusta erhoben, erreichte sie die Adoption des Nero durch Claudius und sicherte ihrem Sohn, der zudem mit der Claudiustochter Octavia vermählt wurde, die Nachfolge auf den Kaiserthron. Nach dem Tod des Claudius, den sie wohl eigenhändig vergiftete, am 13. Oktober 54 n. Chr. ließ sie Nero zum Kaiser erheben, in dessen ersten Regierungsjahren sie eine außergewöhnliche Machtposition innehatte. Dies und der zunehmende Einfluß der Poppaea führten schließlich zu immer häufigeren Konflikten mit ihrem Sohn, auf dessen Befehl sie im März 59 n. Chr. ermordet wurde.

Der vorliegende, äußerst seltene Sesterz ist Teil einer kleinen Emission, bei der es sich möglicherweise um eine Donativprägung für militärische Einheiten handelt, die auf dem Balkan stationiert waren; für diese Annahme spricht der Umstand, daß fast alle bisher bekanntgewordenen Exemplare in dieser Region gefunden wurden (vgl. H. - M. von Kaenel. a.O., S. 141 ff.; RIC 1 (1984), S. 129 Anm. 103). Die Reversdarstellung des Carpentums, eines überdachten Luxuswagens, dessen Benutzung Priestern und privilegierten Frauen vorbehalten war, erinnert an das 51 n. Chr. der Agrippina zugestandene Ehrenrecht, ein solches Transportmittel in Anspruch zu nehmen; als Vorlage dienten vermutlich die unter Caligula in Rom geprägten Carpentum - Sesterze mit dem Bildnis der Agrippina maior, Mutter der auf dieser Prägung Geehrten.